Metropolregion Hamburg startet vier Reallabore – Ziel: Vernetzte Mobilität und Klimaschutz – Süderelbe AG testet Lösungen für Betriebe.
Mit dem Leitprojekt „Mobilitätsmanagement“ will die Metropolregion Hamburg die Nutzung nachhaltiger Verkehrsmittel fördern und die Pkw-Nutzung verringern. Wie das gelingen kann, sollen die Ergebnisse von vier verschiedenen Testfeldern zeigen, sogenannten Reallaboren. Das Projekt, an dem vier Bundesländer, 17 Landkreise und drei kreisfreie Städte beteiligt sind, zielt darauf ab, Verhaltensmuster bei der Verkehrsmittelwahl im Alltag zu hinterfragen und Einstellungen und Verhaltensweisen zu verändern. Vier Reallabore in Hamburg, Neumünster und in den Kreisen Pinneberg, Stade, Harburg, Lüneburg und Cuxhaven arbeiten an neuen Lösungen für Betriebe und Gewerbestandorte, für Schulen sowie ländliche Regionen.
Die Fäden für die Koordinierung des Gesamtprojekts laufen beim Hamburger Verkehrsverbund zusammen. Hier steuert Christina Röll als Projektkoordinatorin der Metropolregion Hamburg seit Anfang Januar die laufenden Aktivitäten. Mit ihr stößt das Projekt neue Initiativen an und berät und qualifiziert zum Beispiel Kommunen, Betriebe oder Schulen. Mobilitätsmanagement soll als dritte Säule neben der Planung der Infrastruktur und dem Verkehrsmanagement mit dem Ziel installiert werden, ein neues Bewusstsein für die Mobilitätswende zu schaffen. Diese abstrakte Aussage klingt eher langweilig, spannend wird es jedoch, wenn die konkreten Maßnahmen benannt werden. Um das Thema in der gesamten Metropolregion gut zu verankern, wurden vier kommunale Partner, darunter die Süderelbe AG, und ein Unternehmen zur Durchführung der Reallabore gewonnen.
Mobilität in Betrieben
„Auf dem Arbeitsweg herrscht der motorisierte Individualverkehr vor.“ Dr. Olaf Krüger, Süderelbe AG Neumünster und die Süderelbe AG erarbeiten Lösungen für umweltfreundliche Mobilität in Unternehmen und für deren Beschäftigte. Es geht um die Frage, was einzelne Betriebe oder Organisationen tun können, um Autofahrten zu verringern. Arbeitgeber könnten beispielsweise die Kosten der ÖPNV-Nutzung bezuschussen, um zum Autoverzicht auf dem Arbeitsweg zu motivieren. Dr. Olaf Krüger, Vorstand der Süderelbe AG, zur Ausgangslage: „Auf dem Arbeitsweg herrscht der motorisierte Individualverkehr vor. Es gibt einfach keine alternativen Konzepte. Wir verfolgen das Ziel, ein betriebliches Mobilitätsmanagement aufzubauen, und hoffen, dass wir Unternehmen dafür begeistern können. Konkret könnte beispielsweise eine App für Mitfahrgelegenheiten entwickelt werden. Weitere Stichpunkte sind Carsharing und On-Demand-Shuttle.“
Mobilität an Gewerbestandorten
Der Hamburger Bezirk Altona arbeitet an einem Konzept für den Gewerbestandort Schnackenburgsallee. Dieser Standort braucht Lösungen für eine nachhaltigere Verkehrsanbindung auf den letzten zwei Kilometern und ist damit beispielhaft für viele Standorte in der Metropolregion. Ziel ist es, das Mobilitätsangebot für Beschäftigte und Kundschaft der ansässigen Unternehmen zu verbessern. De facto sind hier 1500 Betriebe auf 250 Hektar Fläche vereint – der drittgrößte Gewerbestandort in Hamburg. Projektleiter Elias Olshausen vom Bezirksamt Altona: „Vor Ort finden wir die klassische Verkehrsstruktur aus den 60er-Jahren. Für Fußgänger und Radfahrer ist das ein sehr unfreundliches Areal.“
Mobilität an Schulen
Der Klassiker: Helikopter-Mama bringt Kind (12) mit Papas 380-PS-SUV möglichst direkt bis vors Klassenzimmer – ein Chaos-Szenario, das vor vielen Schulen täglich zu beobachten ist. Das Nachbarschaftsforum Südholstein/Hamburg wird unter der Leitung des Kreises Pinneberg das Mobilitätsverhalten an ausgesuchten Schulstandorten kritisch hinterfragen und Alternativen zum viel gescholtenen „Elterntaxi“ entwickeln. Dabei soll eine Art Blaupause entstehen, die der gesamten Metropolregion Hamburg von Nutzen sein kann. Projektleiter Hartmut Teichmann: „Der Ist-Zustand ist ein virulentes Problem. Wir werden eine Umfrage an
200 Schulen machen, um dann Pilotschulen zu extrahieren – dort werden wir Maßnahmen entwickeln und testen.“
Mobilität auf dem Lande
Im ländlichen Raum ist das Nachfragepotenzial oft zu gering, um ein adäquates ÖPNV-Angebot und alternative Mobilitätsangebote finanzieren zu können. Der Landkreis Cuxhaven stellt sich dieser Herausforderung und sucht nach Lösungen, um ein verändertes Mobilitätsverhalten zu fördern. Im Fokus steht hier das Thema Anruf-Sammeltaxi als Alternative zum Linienbus, wie Projektleiterin Jasmin Weißbrodt erläuterte.
Um die Projektaktivitäten auch langfristig zu verstetigen, wird im Rahmen des Projektes auch ein Konzept für die Gründung eines Kompetenzzentrums für Mobilität in der Metropolregion Hamburg erarbeitet. Für beteiligte Unternehmen hat Projektkoordinatorin Christina Röll noch eine beruhigende Mitteilung: „Wir greifen den Unternehmen nicht in die Tasche – sie sollen finanziell nicht belastet werden.“ Das gesamte Projekt wird zu 80 Prozent von Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern finanziert, 20 Prozent steuern die aktiv beteiligten Partnerkommunen bei. Das Leitprojekt basiert auf dem OECD-Gutachten aus dem Jahr 2019, in dem unter anderem empfohlen wurde, die Zusammenarbeit im Bereich der Mobilität zu stärken.