Auftakt zur Podcast-Reihe „75 Jahre Wirtschaftsverein
für den Hamburger Süden“ mit Franziska Wedemann
(40er- und 50er-Jahre) und Heidi Tillmanns (60er-Jahre).
Bunte Papierstreifen zwischen den Seiten vergilbter Akten markieren Text-Passagen aus Protokollen lange zurückliegender Vereinssitzungen. Franziska Wedemann hat sich intensiv mit der Historie befasst: „Die Themen von damals sind fast alle auch heute noch topaktuell.“ Die Vorsitzende des Wirtschaftsvereins macht den Auftakt zur siebenteiligen Podcast-Serie „75 Jahre Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden“. Bis September sollen die Jahrzehnte seit der Gründung im monatlichen Rhythmus unter dem Dach des B&P-BusinessTalks beleuchtet werden. Dazu kommen Zeitzeugen zu Wort. Tatsächlich schärft die kleine Zeitreise jedoch den Blick für die Gegenwart und die Zukunft. Krisen und grundlegende gesellschaftliche Veränderungen gab es auch im Kosmos des Wirtschaftsvereins immer – daraus lässt sich lernen.
Die Gründerjahre
Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt der Industriestandort Harburg, bis zum Inkrafttreten des Großhamburg-Gesetzes 1937 selbstständige Stadt, in Schutt und Asche. Genauso Wilhelmsburg. Um an die erfolgreiche Vorkriegszeit anzuknüpfen, beantragen Industrielle aus dem Hamburger Süden beim Hamburger Senat die Zustimmung zur Gründung eines Wirtschaftsvereins. Nach der zweiten Anfrage wird ihrem Gesuch stattgegeben. 1947 unterzeichnen 36 Männer den Gründungsvertrag des „Wirtschaftsvereins Harburg-Wilhelmsburg zur Förderung von Industrie, Handel und Gewerbe e.V.“.
Franziska Wedemann: „Themen waren Fachkräfterekrutierung, Suche nach Gewerbeflächen und Wohnraum für Arbeitnehmer, Verbesserung der Infrastruktur und Beschaffung von Fremdkapital für junge Unternehmer. Man sieht: Die Probleme haben sich nicht verändert.“ Und: „Mit Gründung des Wirtschaftsvereins wurde eine Art der Selbstorganisation geschaffen, die sich im Laufe der Zeit von einer Interessenvertretung der Unternehmerschaft zu einem Verein wandelte, der politische Verantwortung übernimmt.“
Aufbaujahre im Zeichen der Flut
Zu den ersten Vereinsmitgliedern gehörte Hans E.H. Puhst. „Mein Vater war immer bemüht, zu möglichst vielen Gremien Kontakt zu schmieden“, sagt Heidi Tillmanns, ehemals Geschäftsführerin der Hans E.H. Puhst Grundstücksverwaltungs GmbH & Co. KG. Tillmanns, Jahrgang 1938, erinnert sich noch an die frühen Jahre des Wirtschaftsvereins. 1956 kaufte Hans Puhst in Wilhelmsburg das markante Gebäude der zerbombten Palminwerke und begann, es zu sanieren. Als einschneidendes Erlebnis ist ihr die Sturmflut von 1962 im Gedächtnis. Sie und ihre beiden Schwestern, damals Anfang 20, sahen mehr fasziniert als ängstlich von den Fenstern ihres vordeichs gelegenen Elternhauses in Bullenhausen dem steten Anstieg der Elbe zu. Als sie sich zur Flucht entschlossen, ahnten sie nicht, dass das Wasser auf dem Wilhelmsburger Betriebsgelände schon zweieinhalb Meter hoch stand. Puhsts Maschinenpark war weitgehend zerstört, die Betriebsmittel verloren. Darüber berichtet sie in der zweiten Podcast-Folge.
Hans Puhsts Betrieb erholte sich rasch, wie viele andere auch. Wilhelmsburg blieb gezeichnet. Weil ihr der Stadtteil am Herzen lag (siehe auch Seite 35), bildete sie mit Gleichgesinnten aus dem Wirtschaftsverein eine Arbeitsgruppe zur Stärkung Wilhelmsburgs. Inzwischen stehe Wilhelmsburg besser da als Harburg, die ewige Konkurrentin im Süden, meint Heidi Tillmanns. Weshalb, erklärt sie auch in der zweiten Podcast-Folge. mab
π Im Mai erscheint Folge 3. Dann geht es um die 70er-Jahre und ein höchst aktuelles Thema: die Ölkrise. Gast im B&P-BusinessTalk wird Arnold G.
Mergell sein, zweiter Vorsitzender
des Wirtschaftsvereins.
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