Familie Mönke rettet die „Deutschlandkurve“

Foto: projec.co/Thomas BadeDiese Rangierloks konnten mit zwei, drei Waggons auf dem raffi nierten Gleis in der der Einmündung Blohmstraße/Karnapp/Seehafenstraße quasi im rechten Winkel um die Ecke fahren. || Foto: projec.co/Thomas Bade

Im rechten Winkel um die Ecke: So bleibt ein Relikt der Harburger Industrie- und Bahngeschichte erhalten.

Rechtzeitig vor dem 175. Jahrestag der Eisenbahn in Harburg konnte ein bedeutendes und seltenes Detail vor dem Verschwinden bewahrt werden: Das letzte übrige Stück der Eisenbahnkurve mit dem engstmöglichen Radius („Deutschlandkurve“) wurde für den Velorouten-Ausbau an der Kreuzung Blohmstraße/Karnapp/Seehafenstraße entfernt – und jetzt von Familie Mönke übernommen. Ziel: Durch Einbau ins Pflaster des offen begehbaren Teils auf ihrem Grundstück an der Blohmstraße beim Projekt „Aqua2Dock“ wird die industriekulturelle Besonderheit sichtbar bleiben – und das so nah wie möglich am Fundort.

Das „regelspurige Bogengleis – Modell Deutschland“, entwickelt 1920 von der Maschinenfabrik Deutschland in Dortmund, ermöglichte in engen Industriebetrieben häufig als Alternative zur Drehscheibe den durchlaufenden Richtungswechsel auf engstem Raum. Möglich wurde dies durch einen Trick: Von den mit Spurkranz versehenen Eisenbahn-Rädern wurden die kurvenäußeren Räder mit einem sogenannten Auflaufgleis soweit angehoben, dass nunmehr der Spurkranz auf der Gleisoberfläche und nicht daneben beziehungsweise dazwischen rollte. So waren Kurvenradien von nur 35 Metern möglich. Zum Vergleich: Im langsamen Rangierbetrieb sind sonst mindestens 180 Meter Radius, im Überlandverkehr 900 bis 1200 Meter Radius üblich.

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Paletten-Service Hamburg AG gehörte auch zu den Nutznießern

Eingesetzt wurde diese „Deutschlandkurve“ in Harburg, um das Anschlussgleis Blohmstraße im rechten Winkel in die Unterelbebahn einzufädeln. Die Anlieger – auch Mönkes Paletten-Service Hamburg AG war dabei – nutzten sie bis in die 1990er-Jahre, wie wie der Harburger Maritim-Experte Gorch von Blomberg von projec.co mitteilt. Im Zuge des Velorouten-Baus musste nun der komplette Gleisabschnitt weichen – aber die „Deutschlandkurve“ als engstmögliche Eisenbahnkurve bleibt erhalten. Zusammen mit der Drehscheibe am Schellerdamm sind damit die zwei Möglichkeiten, mit der Eisenbahn „um die Ecke zu kommen,“ sichtbar geblieben und werden im Jahr 2022 eine Rolle spielen, denn die Eisenbahn, die vor dann 175 Jahren in Harburg ankam, trug entscheidend zur industriellen Blüte bei.

„Die spannende Mischung aus Alt und Neu“ ist das Pfund, mit dem der Bezirk Harburg im Sektor Industriekultur wuchern kann. Da nichts Altes hinzukommt, sei es ein gutes Beispiel, wenn ein Investor wie Ingo Mönke bei Neubauten die Zeichen der Vergangenheit durch die Integration geretteter Objekte sprechen lässt, sagt von Blomberg. „Die Familie Mönke hat das erkannt und setzt es gewinnbringend für sich und die Stadtgesellschaft um.“

Den Anstoß zur Rettung der Deutschlandkurve gab Daniel Gerwin Fachet aus der Tiefbauabteilung des Bezirks, indem er in Vereinen nach Verwendungsideen anstelle der Verschrottung fragte. Bei Gorch von Blomberg klickte es und er stellte im Rahmen der Ausführungsplanung der Wasser-/Land-Schnittstelle des Projekts „Aqua2Dock“ die Verbindung zu Mönkes her. Die kurze Zwischenlagerung auf dem Bauhof der Maßnahme „Veloroute“ und die Hilfe der dortigen Baukoordination und mitarbeitenden Unternehmen ermöglichte Ende Oktober den Transport auf das Gelände des „Aqua2Dock“-Projekts. Nach Fertigstellung des vorgesehenen Hochbaues wird das Gleisstück dann seinen würdigen Platz finden.

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