Ab einer Million Euro wird es langsam interessant

Foto: Wolfgang BeckerVier markante Hamburger auf der Dachterrasse bei Dierkes Partner am Baumwall 7: Steuerberater Hans-Peter Schubert (von links), der Hamburger Michel, Rechtsanwalt Tim Wöhler und der Telemichel. || Foto: Wolfgang Becker

Steuerberater Hans-Peter Schubert
und Rechtsanwalt Tim Wöhler erläutern Vorzüge und Risiken von Stiftungen.

Es ist noch nicht lange her, da fiel mitten im Bundestagswahlkampf ein Begriff, der in begüterten Kreisen aufhorchen ließ: Vermögensteuer. Hans-Peter Schubert, Senior-Partner bei der Hamburger Kanzlei Dierkes Partner: „Das war ganz plötzlich ein großes Thema, das auch einige Mandaten beschäftigte. Wir registrierten jedenfalls eine steigende Nachfrage nach Beratungen zum Vermögensübertrag. Dabei fiel dann auch öfter mal der Begriff Stiftung.“ Im B&P-Gespräch räumen der Steuerberater Schubert und sein Kollege Tim Wöhler, Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Steuerrecht, mit der Vorstellung auf, eine Stiftung sei eine geeignete Firewall gegen die Besteuerung von Vermögen. Zunächst einmal gilt der Grundsatz: Wer eine Stiftung gründet, ist sein Geld los, denn eine Stiftung gehört sich selbst, hat also keine Gesellschafter.

Schubert: „Zunächst einmal müssen wir differenzieren – es geht um die normale rechtsfähige Stiftung einerseits und die gemeinnützige Stiftung andererseits. Für beide Formen gilt: Sie dienen einem Zweck, den der Stifter festlegt.“ Bei Stiftungen geht es mit Ausnahme der Verbrauchsstiftung (siehe unten) darum, das Vermögen zu erhalten. Schubert: „Es kommt durchaus häufig vor, dass ein vermögender Mandant daran interessiert ist, dass die Nachkommen das Erbe nicht einfach unters Volk bringen. Die Stiftung kann deshalb ein geeignetes Instrument für den Vermögensübertrag sein, weil sie den Erhalt des Vermögens sichert.“ Allerdings: „Auch die Stiftung muss Steuern bezahlen“, betont Tim Wöhler. Das gelte jedoch nicht, wenn die Erträge der Stiftung der Allgemeinheit zugutekommen: „Der Stifter kann die Erträge für mildtätige, kirchliche oder kulturelle Zwecke vorsehen.“

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Ob gemeinnützig oder nicht: In beiden Formen bleibt das Vermögen unter normalen Umständen erhalten. Schubert erläutert ein Beispiel für eine nicht gemeinnützige Stiftung: „Angenommen wir haben ein Stiftungskapital von zehn Millionen Euro und haben 100 000 Euro Gewinn gemacht. Dann werden darauf 15 Prozent Körperschaftsteuer fällig – bleiben 85 000 Euro übrig. Dieser Betrag kann in der Stiftung verbleiben. Wird er ausgeschüttet, so zahlt der Begünstigte darauf 25 Prozent Kapitalertragsteuer. Bleiben knapp 64 000 Euro übrig, über die in vollem Umfang verfügt werden kann.“ Ein Stiftungsgründer könnte beispielsweise als Stiftungszweck festlegen, dass seine „leiblichen Abkömmlinge“ über die Stiftung finanziell unterstützt oder gar versorgt werden. Zugriff auf das von ihm gestiftete Vermögen hätte er jedoch nicht mehr.

Für die „leiblichen Abkömmlinge“

Für die geschäftlichen Belange der Stiftung zeichnet der Stiftungsvorstand verantwortlich. Das Vermögen muss dabei nicht zwingend in einem hohen Geldbetrag, sondern kann auch aus Immobilien bestehen, die in Nullzinsphasen sicherlich besser geeignet sind, Erträge zu erwirtschaften. Doch wie gut sollte eine Stiftung finanziell ausgestattet sein? Tim Wöhler: „Bei einem Betrag von einer Million Euro muss man sich heute schon sehr anstrengen, um den Stiftungszweck zu erfüllen, aber ab da wird es langsam interessant. Die Aufsichtsbehörde schaut bei allen rechtsfähigen Stiftungen sehr genau hin und prüft, ob die Stiftung in sich plausibel aufgestellt ist.“

Eine Frage der Satzung

Eine Stiftung muss in der Lage sein, ihren Zweck zu erfüllen. Ihr Zweck ist in ihrer Satzung festgeschrieben. Reichen die Erträge der Stiftung zur Erfüllung des Stiftungszwecks nicht aus, erhalten die Begünstigten nichts. Gesetzt den Fall, eine Stiftung hat ihr Kapital in Aktien angelegt und es kommt zum Crash, dann kann es sein, dass Stiftungsvermögen, das ja eigentlich erhalten werden muss, vernichtet wird. Wöhler: „Das kann im Einzelfall Probleme für den Vorstand geben – bis hin zur persönlichen Haftung. “ Geschieht der beschriebene Fall und es tritt ein Verlust ein, endet die Ausschüttung an die Begünstigten grundsätzlich so lange, bis das ursprüngliche Vermögen wiederhergestellt ist. Bei gemeinnützigen Stiftungen besteht die Gefahr, dass die Gemeinnützigkeit aberkannt wird, wenn die Erträge nicht zur Zweckerfüllung reichen. Hans-Peter Schubert: „Es gibt eine Reihe von Risiken, die man sich genau anschauen muss.“ Dazu zählt auch, dass der Stifter grundsätzlich nicht mehr über sein Vermögen verfügen kann – der Zugriff entfällt. Tim Wöhler: „Wer vorsorgen will, damit die nächste Generation das Vermögen nicht verjubelt, der kann dies mit einer Stiftung regeln. Aber Änderungen sind dann grundsätzlich nicht mehr möglich.“ Soll man also zur Gründung einer Stiftung raten? Die Antwort des Rechtsanwalts überrascht nicht: „Es kommt drauf an. Wer keine Erben hat, sich ein Denkmal setzen möchte oder den Namen erhalten will, der sollte sich zu dem Thema beraten lassen.“ Einen anderen Aspekt nennt Hans-Peter Schubert: „Die Körber-Stiftung ist in Hamburg sehr bekannt und steht für ein Unternehmen, das nicht verkauft werden kann. Es gehört ja als Stiftung sich selbst, also niemandem, dem man es abkaufen könnte. Diese Schutzfunktion vor feindlichen Übernahmen ist ein wesentlicher Pluspunkt.“

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Hauptstadt der Stifter

Mit 1454 Stiftungen (Stand November 2021) bleibt Hamburg die deutsche Stadt mit den meisten Stiftungen. Allein 2020 wurden 19 rechtsfähige Stiftungen gegründet, heißt es beim Bundesverband Deutscher Stiftungen. Die Hansestadt belegt mit 79 Stiftungen pro 100 000 Einwohner die Topposition im Vergleich der Bundesländer. Auf Platz zwei folgt Bremen mit einer Stiftungsinzidenz von 50. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 29.

Eine weitere Form ist die Verbrauchstiftung, bei der das Vermögen über einen festgelegten Zeitraum verbraucht wird. Sie stirbt quasi auf Raten. Schubert: „Der Klassiker war die Stiftung zum Wiederaufbau der Dresdener Frauenkirche. Sie sammelte Spenden an und verbrauchte das Stiftungskapital Stück für Stück, als der Wiederaufbau endlich begann. Heute gibt es die Stiftung nicht mehr, denn der Zweck ist erfüllt.“

Wer sich immer noch gedanklich mit den steuerlichen Vorzügen einer Stiftung auseinandersetzt, muss eines wissen. „In dem Moment, da ich Vermögen in eine Stiftung übertrage, löse ich Schenkungsteuer aus“, sagt Hans-Peter Schubert. „Im schlimmsten Fall können das bis zu 50 Prozent sein.“ Das wäre ab einem Betrag von 13 Millionen Euro der Fall, geregelt im Paragraph 19 Erbschaftsteuergesetz. Und Schubert legt noch einmal nach: „Weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass es in der normalen Erbfolge alle 30 Jahre zu einem Vermögensübertrag kommt, muss auch die Stiftung alle 30 Jahre Erbschaftsteuer an den Fiskus entrichten.“ Für gemeinnützige Stiftungen gilt all dies nicht. Schubert weiter: „Deshalb gründen manche Menschen zwei Stiftungen – eine normale rechtsfähige und eine gemeinnützige und verfügen, dass die rechtsfähige Stiftung kurz vor dem Erreichen der 30 Jahre ihr Vermögen auf eine gemeinnützige überträgt.“ wb

>> Web: www.dierkes-partner.de