Das elbMobil im Fokus: Erste Zwischenbilanz nach fast einem Jahr
Versuchslabor in der Elbmarsch – Weitere Daten erwünscht.
Es ist eines der ambitioniertesten Mobilitätsprojekte im Großraum Hamburg: das On-Demand-Shuttle im ländlichen Raum. Unter dem Namen elbMobil starteten die für die Personenbeförderung ausgestatteten Kleintransporter am 13. Dezember 2020 unter anderem in der Samtgemeinde Elbmarsch. Ziel: Daten gewinnen für die künftige Entwicklung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) in der Fläche. Michael Peter, Abteilungsleiter Leistungssteuerung bei der KVG Stade GmbH & Co. KG, und Monika Gabler, Pressesprecherin der projektbetreuenden Süderelbe AG, zogen im B&P-Gespräch eine Zwischenbilanz und hatten zugleich eine positive Nachricht parat: Der Verkehrsausschuss des Landkreises Harburg hatte soeben einstimmig empfohlen, das Projekt um weitere zwei Jahre zu verlängern und mit insgesamt 1,6 Millionen Euro zu unterstützen. Die endgültige Entscheidung über den Haushalt stand bei Redaktionsschluss allerdings noch aus.
Michael Peter: „Eines können wir jetzt schon sagen: Der betriebliche Ablauf funktioniert sehr gut. Das elbMobil kann über eine App, aber auch per Telefon gebucht werden. Die Fahrgastzahlen waren anfangs mit fünf pro Tag enttäuschend, aber das war mitten im Lockdown. Da durften wir für Mobilität nicht einmal werben.“ Prognostiziert waren ursprünglich 200 Fahrgäste pro Tag, ein unerreichbares Ziel in einer Pandemie. Aber die Initiatoren ließen sich nicht demotivieren. Peter: „Und dann hatte die Samtgemeinde Elbmarsch eine geniale Idee und machte aus dem elbMobil ein Impf-Shuttle, das Bewohner der Elbdörfer ins Impfzentrum nach Winsen fuhr.“ Ein erster Durchbruch. Seit Juni registriert er nun einen deutlichen Anstieg der Zahlen. Mittlerweile nutzen 70 bis 80 Fahrgäste täglich das elbMobil – obwohl für die Fahrt zuzüglich zum HVV-Tarif ein Komfortzuschlag in Höhe von einem Euro erhoben wird.
Fünf Sprinter sind im regulären Einsatz – allesamt mit Diesel betrieben. Das Reservefahrzeug, ein Mercedes Vito, fährt elektrisch. Michael Peter: „Im Testfeld legen die Fahrzeuge zurzeit 600 bis 700 Kilometer zurück – das ist mit E-Mobilität nicht zu machen. Unser E-elbMobil schafft 350 Kilometer und muss dann neu geladen werden. Deshalb setzen wir es bisher nur als Reservefahrzeug ein.“
„Wir können Dinge verändern“
Für Monika Gabler zählt der Lern-Aspekt: „Das Projekt ist ein Labor, denn wir probieren hier viel aus und können Dinge verändern – zum Beispiel die App.“ Erstaunlicherweise werde aber immer noch stark über das Telefon gebucht, was eigentlich nicht Sinn der Sache sei. Und: Das Bezahlen per Kreditkarte funktioniere bei jungen Leuten nicht so gut, weil viele gar keine Kreditkarte besäßen. Deshalb soll das Bezahlsystem jetzt angepasst und um weitere Zahlungsmöglichkeiten wie zum Beispiel PayPal erweitert werden. Alles Erkenntnisse, die sich erst im laufenden Betrieb gezeigt hätten.
Ob das On-Demand-Shuttle ein zukunftsfähiges Modell ist, wagt Michael Peter nicht zu beantworten: „Das weiß ich noch nicht.“ Die KVG werden mit den großen Bussen weiterhin die starkfrequentierten Strecken bedienen. Zudem gebe es auch Linienverkehr auf Bestellung – zum Beispiel das Anrufsammeltaxi, das allerdings im Gegensatz zum komfortablen elbMobil fahrplangebunden sei. Und dann sagt er einen bemerkenswerten Satz: „In der Fläche wird der traditionelle Linienbusverkehr aussterben.“ Die KVG kümmere sich deshalb um neue, flexiblere Bedienungsweisen.
Peter: „Am Ende entscheidet immer dieselbe Frage: Kann ich den ÖPNV einigermaßen wirtschaftlich darstellen? Zum jetzigen Zeitpunkt muss man die Frage in Bezug auf das elbMobil mit ,Nein‘ beantworten. Aber es gibt durchaus noch Steigerungspotenzial. Deshalb ist es gut, die Projektphase zu verlängern und weitere Daten zu sammeln. Das System lebt vom sogenannten Pooling – also davon, dass ein Fahrzeug auf optimierten Touren mehrere Fahrgäste mitnehmen kann. Ab drei bis vier Fahrgästen pro Tour wird es interessant.“ Dies in Pandemiezeiten zu erreichen, ist allerdings eine Herausforderung. Zudem dauere es etwa zwei Jahre, bis sich Menschen vor Ort an neue Beförderungsangebote gewöhnt hätten.