Jurist
Die Zahl der an Covid-19 erkrankten Menschen steigt derzeit erneut rapide. Wer sich mit dem Virus infiziert hat oder unter Verdacht steht, wird in die häusliche Isolation geschickt. Doch wie verhält es sich mit der Entgeltfortzahlung? Hier gilt es, unterschiedliche Situationen zu berücksichtigen.
Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entgelt nicht verliert, wenn er entweder arbeitsunfähig erkrankt oder aber unverschuldet für eine nicht erhebliche Zeit der Arbeit fern bleibt. Dies führt im Fall einer Quarantäne zu unterschiedlichen Szenarien, so der AV-Jurist.
Wird ein Mitarbeiter als ansteckungsfähig eingestuft, wird zunächst einmal von behördlicher Seite ein Verbot der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit am Arbeitsplatz angeordnet. „Dies bedeutet aber nicht, dass er auch gleichzeitig arbeitsunfähig ist. Kann er beispielsweise die Tätigkeit aus dem Homeoffice verrichten, setzt sich seine Arbeitstätigkeit dort fort, und er erhält sein Arbeitsentgelt weiter“, so Schwickrath.
Anders, wenn die Tätigkeit nicht im Homeoffice ausgeübt werden kann. „Hier ist zunächst einmal zu klären, ob der Arbeitnehmer die Situation verschuldet herbeigeführt hat“, erklärt Martin Schwickrath. „Ist also beispielsweise ein Arbeitnehmer bewusst in ein Risikogebiet gefahren und muss deswegen in Quarantäne, so wird man ein Verschulden annehmen, sodass eine Zahlungspflicht des Arbeitgebers entfällt.“
Wenn die Quarantäne unverschuldet ist, liegt der Fall anders. Dann hat der Arbeitgeber unter Umständen eine Zahlungspflicht nach § 616 BGB. Danach hat der Arbeitgeber die Kosten für einen Arbeitsausfall zu tragen, wenn der Ausfall keine erhebliche Zeit betrifft. „Nach Auffassung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gilt eine Zeit von nicht mehr als fünf Tagen als nicht erheblich mit der Folge, dass der Arbeitgeber die Kosten zu tragen hat. Ob die Fünf-Tage-Grenze allerdings verbindlich ist, ist juristisch umstritten“, so Schwickrath. Dauert die Quarantäne länger als fünf Tage, so tritt der Staat mit einer Entschädigung bereits ab dem 1. Tag nach den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes ein. Gleiches gilt, wenn die Arbeitsvertragsparteien die Zahlung nach § 616 BGB im Arbeitsvertrag ausgeschlossen haben.
„Der Arbeitnehmer erhält in den vorstehenden Fällen also für die Dauer von sechs Wochen eine Entgeltfortzahlung durch den Staat“, erklärt Martin Schwickrath. „Der Arbeitgeber tritt lediglich in Vorleistung, ist also Auszahlstelle. Bis zu zwölf Monate nach Beginn der Quarantäne kann der Arbeitgeber dann jedoch bei der zuständigen Behörde einen Antrag auf Rückerstattung stellen“, so der Jurist. Wer sich in Quarantäne befindet, ist jedoch nicht automatisch arbeitsunfähig. Erst bei einer Erkrankung des Mitarbeiters, die zu einer Arbeitsunfähigkeit führt und die durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes belegt ist, besteht der übliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In diesen Fällen ist die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz nachrangig, so Martin Schwickrath.
Die Corona-Warn-App schlägt Alarm: Wer trägt
das Vergütungsrisiko?
Mit den steigenden Infektionszahlen erhalten immer mehr Nutzer der Corona-Warn-App eine Meldung, dass sie mit einem positiv Getesteten in Kontakt gekommen sind. Sind jene Personen verpflichtet, ihren Arbeitgeber über die Warnung zu informieren? „Grundsätzlich ja! Dies ergibt sich aus der dem Arbeitsverhältnis obliegenden Treuepflicht, nach der der Arbeitnehmer alles unternehmen muss, um Schaden vom Arbeitgeber abzuwenden“, bestätigt Martin Schwickrath. „Allerdings berechtigt es den Mitarbeiter weder zur ‚Selbstbeurlaubung‘ noch dazu, ohne Absprache ins Homeoffice zu wechseln. Nach wie vor kann eine Quarantäne nur durch behördliche Anordnung zwingend erfolgen. Hier wäre es allerdings wünschenswert, wenn der Gesetzgeber gerade im Hinblick auf die Corona-Warn-App eine Regelung treffen würde, insbesondere auch hinsichtlich der Frage, wie es sich dann mit der Vergütungspflicht verhält. Soll hier direkt eine Entschädigungspflicht unmittelbar nach dem Infektionsschutzgesetz greifen? Oder gelten die bisherigen Regelungen? Hier wäre eine kurzfristige Klärung sicherlich sinnvoll, so Schwickrath.
>> Kontakt: Martin Schwickrath,
Tel.: 0 41 31/87 212-14,
Mail: mschwickrath@av-lueneburg.de.
Martin Schwickrath informiert.