Der offizielle Anfang einer neuen Ära

Sie stellen Harburg in ein neues Licht: Dr. Rolf Strittmatter (von links), Geschäftsführer von Hamburg Invest, Wirtschaftssenator Michael Westhagemann und HIP-Bauherr Arne Weber in der innovativen Spielwiese des Hamburg Innovation Port an der Blohmstraße im Harburger Binnenhafen. Foto: Wolfgang Becker


„Innovation City Harburg“: Hamburgs Standort für anwendungsorientierte Technologie – Hamburg Invest zieht Bilanz.

Von Wolfgang Becker

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Im Kontext der definierten Hamburger Innovationsstandorte gibt es jetzt einen neuen Namen für den Süden der Stadt: „Innovation City Harburg“. Er markiert das Ende der traditionellen Industrie-Ära, in der Harburg viele Jahrzehnte unter dem Image eines Arbeiterstandortes litt. Industrie gibt es glücklicherweise immer noch, aber auf einem ganz anderen technologischen Level. Die „Innovation City Harburg“ ist wissenschaftsnah zu verstehen und umfasst die verschiedenen Technologiestandorte inklusive der Technischen Universität Hamburg (TUHH). Sie reicht vom Mercedes Benz Werk Hamburg im Westen über den hit-Technopark in Bostelbek, das ZAL in Finkenwerder, den Hamburg Innovation Port und den channel hamburg im Binnenhafen sowie die Schlachthofstraße bis nach Neuland (Neuland 23) im Osten und in die Innenstadt – dort entsteht auf dem Phoenix-Gelände das Innovation Lab von ContiTech, das noch in diesem Jahr eröffnet werden soll. Das hat Hamburgs Wirtschaftssenator Michael West­hagemann bei der Jahrespressekonferenz von Hamburg Invest im Hamburg Innovation Port HIP vorgestellt.

Die „Innovation City Harburg“ ist einer der Bausteine, mit der Hamburg zur Innovationshauptstadt Deutschlands werden möchte. In dieselbe Kategorie gehören unter anderem die Science-City Bahrenfeld (rund ums DESY) und der Digital-Campus „Hammerbrooklyn“. Immer geht es um Entwicklung und Forschung, so auch in Harburg. Hier ist gleich ein ganzer Stadtteil zum dezentralen Innovations- und Technologiepark geworden – eine Urforderung aus der Harburger Wirtschaft, die aufkam, als es in Hamburg unter Wirtschaftssenator Frank Horch erste Bestrebungen zur Einrichtung von Innovationsparks gab. Harburg ist vor allem anwendungsorientiert – viele moderne Technologien sind bereits im Einsatz wie beispielsweise die vollautomatisierte und digitalisierte Fertigungslinie für Elektronik-Komponenten im Neubau von Garz & Fricke an der Schlachthofstraße. Hier findet Industrie 4.0 live statt.

200 neue Tech-Unternehmen seit 2015 angesiedelt

Der Bezirk Harburg hat sich aus Sicht von Hamburg Invest in den vergangenen Jahren zu einem Magneten für Technologie­unternehmen entwickelt. Laut Handelsregister haben sich seit 2015 rund 200 neue Tech-Unternehmen angesiedelt, darunter viele Neugründungen aus dem TUHH-Umfeld. Dass Hamburg Invest in den HIP eingeladen hatte, kam nicht von ungefähr. Westhagemann: „Die wirtschaftliche Entwicklung Harburgs ist in bestem Sinne eine Private Public Partnership. Arne Weber hat daran großen Anteil.“ Der Channel-Begründer, Bauunternehmer und Investor hatte zuvor kurz das HIP-Konzept vorgestellt – ein Bauwerk ohne Anschluss an fossile Energieträger (siehe Special Seite 3). Nach Auskunft von Westhagemann wird nun nach einem geeigneten Ort für einen Wasserstoff-Hub gesucht.

Westhagemann weiter: „Der HIP ist für uns ein Glücksfall, der der TUHH das Wachstum ermöglicht hat.“ Heute ist die TUHH Ankermieter im ersten Bauabschnitt. Weber kündigte an, dass mit dem zweiten, wesentlich größeren Abschnitt in der zweiten Jahreshälfte begonnen werden soll. Auch dort soll die TUHH Räume bekommen. Weber: „Und wir gehen jetzt gezielt an die Wirtschaft, denn im HIP sollen vor allem auch Unternehmen angesiedelt werden, die die Nähe zur Wissenschaft suchen.“ Laut Westhagemann gibt es speziell in diesem Bereich eine große Nachfrage.

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Info am Rande: Harburgs Entwicklung zum Hightech-Standort wurde inzwischen überregional registriert und soll jetzt auch international bekannt gemacht werden. Die bundesdeutsche Ansiedlungsagentur Germany Trade and Invest (GTAI) wird im Frühjahr eine Sonderausgabe ihres englischsprachigen Magazins „Markets Germany“ publizieren. Darin werden deutsche Standorte vorgestellt, die den Strukturwandel vom klassischen Industrie- zum Hightech-Standort erfolgreich bewältigt haben. Der Hamburger Süden ist eines dieser Beispiele. Ziel ist es, weitere Unternehmensansiedlungen nach Deutschland zu initiieren. wb

>> Web: www.hamburg-invest.com

Hamburg Invest auf Rekordkurs

Unter seiner Führung ist die einstige Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung in den vergangenen Jahren komplett umgekrempelt und neu aufgestellt worden. Jetzt konnte Dr. Rolf Strittmatter, Geschäftsführer von Hamburg Invest, eine erfolgreiche Ernte der ersten Früchte verkünden: 11 530 abgesicherte oder neue Arbeitsplätze, rund 1100 betreute Unternehmen und ein Investment von rund 656 Millionen Euro, das sind die Kennzahlen von Hamburg Invest für das Jahr 2019. Dies stellt das beste Ergebnis seit der Unternehmensgründung dar. Strittmatter: „Hamburg Invest ist heute eine Investitionsagentur. Wir verfügen über eigene Flächen, die wir in die Vermarktung bringen, und können viel schneller und effektiver handeln, wenn Firmen expandieren oder sich neu in Hamburg ansiedeln wollen.“

Im Mittelpunkt des Engagements standen dabei Unternehmen mit dem Schwerpunkt wissens- und technologieorientierte Wertschöpfung. Außerdem waren Unternehmensansiedlungen im Umfeld des Brexits ein weiteres wichtiges Thema. Die meisten von Hamburg Invest betreuten Unternehmen kamen aus dem innovativen Mittelstand oder waren Startups. Strittmatter stellte das Rekordergebnis im Beisein von Wirtschaftssenator Michael Westhagemann im Hamburg Innovation Port (Harburg) vor: „2019 konnten wir mehr als 43 Hektar Gewerbeflächen vermitteln. 25,9 kamen von der Stadt und 17,3 von privat. Für städtische Gewerbe- und Industrieflächen sind wir seit einem Jahr von der Flächenentwicklung über die Kundenansprache bis hin zum Kaufvertrag der zentrale Ansprechpartner für nachfragende Unternehmen. Dadurch ist die Flächensuche für Betriebe in Hamburg viel einfacher geworden.“ Hamburg Invest bezeichnet sich auch als One-Stop-Agency.

Neue Pläne für Neuland

Durch die Begleitung von Unternehmen konnte Hamburg Invest 2019 eine Gesamt­investition in Höhe von 656 Millionen Euro auf Hamburger Gebiet auslösen. Im Vorjahr waren es 454 Millionen Euro gewesen – eine Steigerung um 44 Prozent. 77 Neuansiedlungen wurden begleitet und umgesetzt. Für 2020 hat die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose deutlich gesenkt. Grund ist vor allem der schwächere Welthandel. Erwartet wird jetzt ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,0 Prozent. In Hamburg wird sich die Wirtschaft jedoch voraussichtlich über dem Bundesdurchschnitt entwickeln, so die Einschätzung der Wirtschaftsbehörde, der Hamburg Invest angegliedert ist.

Ein Projekt ist allerdings auf der Strecke geblieben: der Bau eines großen Postverteilzentrum mit geplanten 1400 Arbeitsplätzen in Neuland. Nachdem die 25 Hektar große Fläche im Ausschreibeverfahren komplett an DHL gegangen war, hat die Betreiber nun einen Rückzieher gemacht – das Projekt Verteilzentrum ist gestorben. In der Behörde und auch bei Hamburg Invest herrscht darüber allerdings nicht einmal ansatzweise Trauer. Wirtschaftssenator Westhagemann kündigte an, dass die Fläche neu ausgeschrieben und möglicherweise „gestückelt“ wird. Nachfrage nach baureifer Gewerbefläche sei mehr als genug vorhanden. In Neuland könne in allerbester Lage nun Platz für Zukunftstechnologien angeboten werden. wb

Top-Platzierung
für Hamburg

Das Jahresergebnis von Hamburg Invest passt zu dem aktuellen Ranking der europäischen Zukunftsstandorte „European Cities of the Future 2020/21“ des fDi Magazins aus der Financial Times Gruppe, einer Fachpublikation für ausländische Direktinvestitionen. In der Kategorie „Große europäische Städte“ belegte Hamburg Platz 2 in der Gesamtwertung. In den Einzelwertungen erreichte Hamburg Platz 1 für das Fachkräftepotenzial und die Lebensqualität, Platz 3 für das wirtschaftliche Potenzial der Stadt und für die Ansiedlungsstrategie, Platz 9 für Wirtschaftsfreundlichkeit und Platz 10 für die Verkehrsanbindung. Untersucht wurden 509 europäische Städte und Regionen. Quelle: Hamburg Invest