Das Kreuzfahrtgeschäft entwickelt sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor für Bremerhaven. Schon heute sorgen ein- und aussteigende Passagiere für knapp 15 Millionen Euro Jahrsumsatz in der Seestadt, schätzt das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL).
Mit rund 260.000 Fahrgästen wird das Columbus Cruise Center Bremerhaven in diesem Jahr einen neuen Rekord erzielen. Nach langen Flautezeiten mit Passagierzahlen im fünfstelligen Bereich geht es an der Columbuskaje seit etwa fünf Jahren wieder stetig voran. Bremerhaven profitiert von zwei Entwicklungen: Zum einen wächst das Kreuzfahrtgeschäft weltweit mit einem zusätzlichen Nachholbedarf in Deutschland; zum anderen geraten die heimischen Haupthäfen der Branche – namentlich Hamburg und Kiel – an ihre Kapazitätsgrenzen.
Im Schnitt 11,70 Euro pro Passagier
Während vor allem in Hamburg viele Passagiere noch einen Kurzurlaub in der Hansestadt mit ihrer Kreuzfahrt verbinden, kommen in Bremerhaven die meisten Passagiere nur zur An- und Abreise. Im Schnitt lässt jeder von ihnen 11,70 Euro in der Stadt, sei es fürs Kaffeetrinken, für die Taxifahrt oder bei einem kurzen Bummel. Zusammen mit dem Geld, dass die Reedereien für die Abfertigung ihrer Schiffe in der Stadt lassen, ergibt das einen rechnerischen Jahresumsatz rund ums Kreuzfahrtgeschäft in Höhe von 14,7 Millionen Euro.
Für die Tourismus-Wirtschaft in Bremerhaven zählt aber nicht allein der unmittelbare Umsatz. Mindestens genauso wichtig ist es beispielsweise Hotelier Martin Seiffert, „dass die Besucher Interesse an unserer Stadt finden und dann später einmal wiederkommen“. Seine Crew im Hotel Haverkamp verweist die dort übernachtenden Kreuzfahrtgäste deswegen auf die Sehenswürdigkeiten wie Klimahaus oder Deutsches Auswandererhaus und Zoo am Meer – zusammen mit einer freundlichen Betreuung wird dies zu einer Einladung, nach Bremerhaven zurückzukehren. Die Hotelbranche betrachtet das Kreuzfahrtgeschäft ansonsten mit Interesse, aber angesichts von derzeit 22.000 Übernachtungen aus diesem Marktsegment sind die Umsatzerwartungen eher zurückhaltend.
Havenwelten – ein attraktives Ziel
Bislang ist Bremerhaven in erster Linie Start und Endpunkt von Kreuzfahrten; nur für wenige Schiffe ist der Columbusbahnhof eine Zwischenstation, von der die Passagiere zu Ausflügen starten. Regelmäßig läuft beispielsweise die „Costa Mediterranea“ die Seestadt an. Die meisten Passagiere sehen Bremerhaven dann aber nur aus den Bussen, mit denen sie zu Ausflügen nach Bremen starten. Für diejenigen, die lieber in der Stadt bleiben, liegt mit den Havenwelten ein attraktives Ziel fast vor der Kabinentür – aber erst seit kurzem gibt es eine Beschilderung der Erlebnis Bremerhaven, die die ortsfremden Gäste auf den richtigen Weg vom Hafen in die Stadt bringt.
Pläne für Modernisierungen
Vielleicht wird sich die Verbindung zwischen dem Cruise Center und der Stadt in den kommenden Jahren weiter verbessern, wenn die Kreuzfahrtanlage modernisiert wird. Die Hafenmanager von bremenports wollen parallel zur Erneuerung der Columbuskaje das Terminalgebäude erweitern. Der mittlerweile leerstehende Altbau aus den 1960er Jahren soll abgerissen und durch einen multifunktionalen Neubau ersetzt werden. Neben einer Vergrößerung des Terminalbetriebes könnte das Gebäude auch Büros, ein Hotel und Gastronomie aufnehmen. Bremenports-Chef Robert Howe will mit dem Vorhaben aber nicht nur das Geschehen rund um das Cruise-Center beleben, sondern auch die Stadt selbst. „Wir wollen den Terminal Richtung Stadt öffnen“, erläutert Howe. Durch das derzeitige alte Gebäude führt nur ein Weg zur Besucherterrasse, die aber auch nur noch bei Ankunft eines Schiffes geöffnet ist. Passagiere, die aus dem Columbus Cruise Center in die Stadt wollen, müssen einen Umweg um den ehemaligen Columbusbahnhof herum nehmen.
80 Millionen Euro für neue Columbuskaje
Noch ist diese Planung aber Wunsch und nicht Wirklichkeit. Für die neue Columbuskaje sind bereits 80 Millionen Euro bewilligt, über die Summe von 20 plus X Millionen für das Gebäude muss die neue Bürgerschaft entscheiden. Ohne öffentlichen Anteil sehen die Hafenplaner kaum Chancen, einen Investor für das Projekt zu begeistern – durch die notwendigen Park- und Abfertigungsflächen ist so ein Gebäude nur bedingt profitabel zu betreiben. Bremenports hat es allerdings mit Perspektiven für die Zukunft geplant: So, wie die neue Kaje für eine universelle Nutzung und nicht nur für Passagierschiffe konzipiert wurde, soll auch das Gebäude multifunktionsfähig werden.
Von Wolfgang Heumer