Netzwerk lebt Verlässlichkeit

Verbindlichkeit in lockerer Runde: Beim Frühstück am frühen Freitagmorgen tauschen die BNI-Mitglieder Informationen aus. Foto: BNI

Halb sieben Uhr morgens ist ganz schön früh. Aber gerade aus diesem Grund treffen sich jeden Freitag in Bremerhaven über 30 Unternehmer/innen und Geschäftsführer/innen um diese Zeit zum Frühstück. Die Runde ist Basis für eines der erfolgreichsten Berufsnetzwerke, das Unternehmerteam Bremerhaven, das aus dem Business Network International (BNI) entstanden ist.

Der Ton ist locker, freundlich. Viele haben schon einen fröhlichen Spruch auf den Lippen. Aber nicht jeder ist an diesem Morgen zum Scherzen aufgelegt. Es geht um Business – und da ist es egal, ob es hell oder dunkel ist – einzig und allein das Geschäft zählt. Die Gruppe, die sich in der Gastronomie am Blink trifft, kennt sich.
Lockere Sprüche des einen werden genauso verziehen wie die Morgenmuffeligkeit des anderen. „Jeder ist schließlich zum Business machen hier“, sagt Martina Buchholz. Sie ist Chapter-Direktorin und hat damit den Vorsitz eines jeden Meetings in ihrer ein Jahr dauernden Amtszeit. Der Kreis, der sich hier versammelt, ist Teil des aus Amerika stammenden „Business Network International“ (BNI), das bundes- und weltweit in „Chapter“ aufgeteilt ist.

Kapitel in der Erfolgsgeschichte

Die wörtliche Übersetzung „Kapitel“ passt gut: Die freitagmorgendlichen Treffen sind ein wichtiges Kapitel in einer seit Jahren andauernden Erfolgsgeschichte. „Jeder von uns weiß den Wert dieses Frühstücks zu schätzen“, betont Heiko Heinen, Schatzmeister „Unternehmerteam Bremerhaven“, wie sich das Chapter Geeste nennt: Die Mitglieder treffen sich, präsentieren jedes Mal ihr Unternehmen und sprechen sich gegenseitig provisionsfreie Empfehlungen aus. Diese Empfehlungen werden aber nicht nur aus dem Kreis der Mitglieder generiert – es handelt sich fast ausschließlich um Empfehlungen aus der dritten Reihe, das heißt von Kunden der Mitglieder.

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Persönliche Treffen sind unverzichtbar

Auch im Online-Zeitalter ist persönliches Networking in der Geschäftswelt unverzichtbar. BNI benennt den Zweck des Treffens hier direkt: Business – Business – Business. Das Unternehmerteam Bremerhaven hebt sich aber mit einem besonderen Feature von anderen Business-Netzwerken ab: „Es ist die Verlässlichkeit, das gegenseitige Vertrauen, dass sich der andere auch um das kümmert, was man ihm nahelegt“, bringt es Otto Stingl auf den Punkt. Und tatsächlich: Nicht die Empfehlung von Geschäftskontakten an sich macht den Erfolg aus – sondern die Ernsthaftigkeit, wie die einzelnen Mitglieder diese Empfehlungen aufnehmen und bearbeiten.

Begrüßung per Handschlag

​Jedes morgendliche Treffen folgt einem festen Ablauf. Erscheinen, meistens schon deutlich vor der Zeit, die Runde persönlich und immer per Handschlag begrüßen, Platz nehmen, frühstücken. Ganze 60 Sekunden pro Mitglied machen aus der „Frühstücksrunde“ ein wichtiges und effizientes Business-Networking. „Jedes Mitglied bekommt exakt eine Minute Zeit, der gesamten Runde etwas Neues, Spannendes und Interessantes aus seinem Unternehmen zu berichten“, erläutert Markus Freiknecht, im Bremerhavener BNI-Führungsteam für die Mitgliederkoordination zuständig. Ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung, ein gerade erfolgreich getätigter Geschäftsabschluss oder auch eine Reiseempfehlung – den Inhalten der Kurzreferate sind keine Grenzen gesetzt. Wohl aber der Zeit, nur 60 Sekunden. „Die praktikabelste Umsetzung der 60-Sekunden-Präsentation ist“, so Sascha K. Sandvoss, Chapter-Direktor 2017/2018, „sich auf Kernaussagen, wie Name des eigenen Unternehmens, USP, Kunden, zu denen man Kontakt sucht, Angebot, welches das eigene Unternehmen erbringt und einen werblichen Gedächtnisanker als runden Abschluss zu konzentrieren. Halt der klassische Elevator-Pitch…“

Rhetorisches Training

Jede Kurzpräsentation wird aufmerksam durch die Mitglieder des Unternehmerteams verfolgt und am Ende mit Beifall belohnt. Einerseits jeden Freitag reden zu müssen, andererseits nur eine begrenzte Zeit zu haben – das hat einen wunderbaren Effekt. „Man trainiert die eigenen Rhetorikfähigkeiten, fokussiert sich auf die Business-Inhalte und stellt sich sehr exakt die eigene Präsentation zusammen. Schließlich ist man Aushängeschild des eigenen Unternehmens“, weiß Buchholz aus eigener Erfahrung.
Um es noch einmal klar zu stellen, natürlich treffen sich jeden Freitagmorgen rund 30 Mitglieder und machen untereinander Geschäfte. Genauer betrachtet erschließt jedes Mitglied des Unternehmerteams nicht nur die Anwesenden, sondern auch deren Kontakte und Netzwerke. Man hat die Möglichkeit, mit einer 60-sekündigen Ansprache „viral in die Netzwerke der Anwesenden einzudringen“. Das hört sich etwas martialisch an, entspricht aber genau dem, was hier passiert. Die Mitglieder nehmen die Botschaft des Einzelnen auf und transportieren sie weiter. Schon wird aus einem Kontakt eine Kontaktkette.
Die Konzentration aufs Wesentliche setzt sich in der zweiten Runde des morgendlichen Frühstücks fort. Jedes Mitglied kann – muss aber nicht – einem anderen Mitglied eine geschäftliche Empfehlung mit auf den Weg geben. Der eine hat, weil er seinen Kunden aktiv zuhört, erfahren, dass dieser einen Architekten und einen Fliesenleger braucht; der andere ist aus seinem Kundennetzwerk nach einem guten Elektrotechniker gefragt worden; der dritte hat selbst ein größeres Projekt am Wickel, für das er juristische und marketingtechnische Hilfe oder die Unterstützung anderer Gewerke benötigt.

Maximale Transparenz

​Die Empfehlungen werden nicht beiläufig ausgesprochen, sondern in offizieller Runde vorgetragen, auf einem Formular notiert und als Original an den Empfehlungsempfänger weitergereicht. Das ergibt maximale Transparenz. Wichtig ist auch zu wissen, dass Empfehlungen nicht im Sinne „Ich hab da was gehört“, sondern immer fundiert recherchiert und meist auch schon kontakt- und geschäftsmäßig vorbereitet sind. „Unsere Empfehlungsempfänger können sich sozusagen ins gemachte Bett legen“, sagt Otto Drugowitsch und lächelt zufrieden.
In ein paar Wochen wird der Vorstand nachfragen, was aus der Empfehlung geworden ist. Kam ein Geschäft zustande, wird der Umsatz notiert. Darin sind die Bremerhavener Spitze: Innerhalb von zwölf Monaten hat das Unternehmerteam Bremerhaven unter der Leitung des letzten Direktors durch provisionsfreie Empfehlungen fast acht Millionen Euro umgesetzt.

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