Ein Himmel voller Schinken

Katenschinken à la Abraham: Besuch in der Produktion bei Bell Deutschland in Meckelfeld/Seevetal Eine starke Marktposition im Norden der Republik

Klimatisch ist der Norden eher rauer als der Süden. Das milde Klima des Rheingrabens etwa oder gar die mediterranen Zonen hinter den Alpen – da kommt direkt Urlaubsstimmung auf. Beim Schinken sind die Vorlieben aus deutscher Sicht genau andersherum. Da steht der eher weiche norddeutsche Katenschinken für Milde, während es im Schwarzwald eher würzig und „bissiger“ zugeht. Kurz: Mit dem Schinken verhält es sich wie mit dem Klima. Die Zonen sind in gewisser Weise fix. Was das konkret bedeutet, sagt Stephan Holst, Marketingchef bei Bell Deutschland mit Sitz in Meckelfeld/Seevetal: „Norddeutscher Katenschinken ist südlich der Rhein-Main-Linie quasi unverkäuflich.“
Reine Geschmacksache
Wir akzeptieren: Die Süddeutschen haben einen anderen Geschmack. Möglicherweise wissen sie aber auch nicht, was sie verpassen, wenn ein dünn geschnittener Katenschinken auf der Zunge zergeht. Der milde Katenschinken der Marke Abraham, der in diversen Darreichungsformen im Handel zu finden ist, wird seit vielen Jahren im Herstellungsbetrieb in Meckelfeld produziert.

Für das Tierwohl

Die Katenschinken-Produktion ist das ehemalige Stammwerk der Brüder Jürgen und Rolf Abraham, die als Markthändler starteten, eine Räucherei in Moisburg betrieben und ihren Namen schließlich europaweit als ausgewiesene Schinken-Spezialisten bekannt machten. Seit 2012 gehört Abraham zu 100 Prozent zum Schweizer Lebensmittelkonzern Bell und ist als Marke unverändert sehr erfolgreich und innovativ. Ein Grundsatz: Jeder Schinken aus der Nordheide, dem Ammerland, dem Schwarzwald, den belgischen Ardennen und der spanischen Sierra wird tatsächlich in der jeweiligen Region hergestellt.
Gemeinsam mit Abraham wurde damals auch die Marke Zimbo von Bell übernommen. Wofür Abraham im Bereich des Rohschinkens steht, steht Zimbo im Segment der Wurstwaren. Stephan Holst: „Abraham hat als Marke besonders in Norddeutschland eine starke Position, Zimbo ist eher in Nordrhein-Westfalen und den neuen Bundesländern stark.“ Aber auch im Norden wird die Präsenz intensiviert. Daher gibt es seit dieser Saison Bratwurst und Würstchen von Zimbo im Hamburger Volksparkstadion. An den Zimbo-Produkten lässt sich allerdings deutlich ablesen, wohin die Reise auch für Abraham gehen wird: „Bell Deutschland ist Mitglied im Label-Beirat des deutschen Tierschutzbundes und engagiert sich für mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung. Die ersten Zimbo-Produkte sind bereits entsprechend gelabelt. Das passt exakt in die grundsätzliche Strategie der Bell-Gruppe.“ Die Schweiz ist der gefühlte Weltmarktführer bei Nachhaltigkeit und Tierwohl. Die Umsetzung auch im Rohschinkenbereich erfolgt Stück für Stück zum Beispiel mit verstärkten Verkaufsaktivitäten bei Bio-Schinken.
Zurück zum Katenschinken: Laut Holst ist das Geschäft konstant. Woche für Woche verlassen 25 000 Schinken den Betrieb in Meckelfeld. Die Ware geht direkt ins Werk Harkebrügge, dem zentralen Logistikzentrum (liegt zwischen Oldenburg und Leer). Dort wird je nach Kundenwunsch aufgeschnitten, verpackt und ausgeliefert. Am Standort stehen 20 Slice-Linien, in denen Schinken hauchdünn geschnitten und in handelsüblichen Portionen abgepackt werden können.

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Serrano auf 
dem Vormarsch

Während der norddeutsche Katenschinken eine konstante Nachfrage bedient, erlebt der Serrano-Schinken von Abraham derzeit einen Aufwind. Stephan Holst: „Hier erleben wir derzeit die beste Entwicklung. Die Nachfrage nach Serrano-Schinken ist so groß, dass wir jetzt unweit unseres spanischen Standortes in Toledo investieren und im Frühjahr den Bau eines zweiten Werks starten – in Fuensalida/Castilla-La Mancha.“ Serrano reift übrigens elf Monate, also wesentlich länger als ein Katenschinken. Außerdem bringt Bell einen Serrano Gran Reserva auf den Markt, der sogar 16 Monate reift. Apropos neue Produkte: Im März 2017 kommt unter dem Begriff „Edel + Zart“ ein hauchdünn geschnittener Kernschinken auf den Markt. Auch bei einem Traditionsprodukt wie Schinken wird das Rad immer wieder neu erfunden . . .wb
Web: www.bellfoodgroup.com, www.abraham.de

Vier Monate bis 
zum fertigen Produkt

Bevor der Katenschinken handelsfertig ist, durchläuft er eine mehr als vier Monate dauernde Prozedur von der Warenannahme bis zum Transport nach Harkebrügge, dem zentralen Logistikstandort und Schneide-Zentrum. Allein neun Wochen dauert die Phase des Salzens. Bei drei bis vier Grad wird der Schinken sechs Mal umgelagert und nachgesalzen, wobei die Salzmenge langsam reduziert wird. Es entzieht dem Fleisch die Feuchtigkeit und macht es lange haltbar. Der Prozess wird aus den Erfahrungswerten der Mannschaft von Produktionsleiter José Vilela gesteuert. Nach der Salzerei folgt eine dreiwöchige Reifephase bei sechs bis sieben Grad – der Schinken ruht und trocknet weiter. Drei Wochen dauert die dann folgende Räucherphase, ein Vorgang der in Intervallen stattfindet – drei Tage räuchern, dann drei Tage Frischluft, dann wieder räuchern. Für den milden Katenschinken wird über Buchenspänen geräuchert – im Gegensatz zum herzhafteren Schwarzwälder Schinken, bei dem Tannenholz benutzt wird. Im letzten Schritt wird der geräucherte Schinken vakuumiert – in diesem Teil der „Reise“ verteilt sich die Restfeuchtigkeit gleichmäßig im gesamten Produkt. Holst: „Das Vakuum verhindert, dass der Schinken außen hart und innen weich ist.“ Dann wird der Schinken in Meckelfeld entbeint. Fertig ist die norddeutsche Spezialität. wb

Bell 
Deutschland 
in Zahlen

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Bell Deutschland hat mehr als 1200 Mitarbeiter. In Meckelfeld sind rund 50 Mitarbeiter in der 
Produktion beschäftigt. Darüber hinaus ist in Meckelfeld die zen­trale Verwaltung inklusive Verkaufsorganisation von Bell Deutschland mit mehr als 
100 Mitarbeitern für insgesamt 
9 Produktionsstandorte angesiedelt. Jahresumsatz 2016: 
446 Mio Schweizer Franken.