Auf der Suche nach dem unsichtbaren Feind

Erdbeere 
trifft Norovirus

Ein anderes Beispiel aus dem Laboralltag in Geesthacht: 2012 verbreitete das Norovirus Angst und Schrecken. Dr. Schütze: „Es reichen wenige Viren aus, um eine Erkrankung auszulösen. Sie äußert sich durch schwallartiges Erbrechen. Das geht von einer auf die andere Sekunde los.“ Ursache waren damals mit Noroviren infizierte Tiefkühlerdbeeren aus China, die vermutlich mit fäkalhaltigem Wasser bewässert worden waren. Der Fall löste einen weiteren Analyseschub im LADR-Labor Geesthacht aus, der die Mitarbeiter stark forderte. Noroviren sind übrigens 1000 Mal kleiner als Bakterien.
Ob Listerien im Zuchtlachs, multiresistente Keime in Lebensmitteln oder Hepatitis E im Schweinefleisch (Schütze: „Fast 20 Prozent der Rohwürste sind davon betroffen, also auch die geräucherte Salami.“) Die Hersteller säuern die Ware deshalb mit „guten Bakterien“ an, das mögen pathogene Keime nicht. Wer dem Biologen zuhört, kommt schon ein bisschen ins Grübeln. Aber der Lebensmittelanalytiker beruhigt: „Angst vor Lebensmitteln muss niemand haben, aber man sollte wissen, wie man damit umgeht. Rohes Mett esse ich nicht, einige meiner Kollegen schon. Es gibt zwei Typen Mensch: den Übervorsichtigen, der aus Angst vor Keimen vieles nicht isst, und den Unbedarften, der sich gar keine Gedanken macht. Ich bin irgendwo in der Mitte. Hygieneregeln bei der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln sind allerdings beim Produzenten und in der eigenen Küche wichtig“
Beim Rundgang durch das LADR-Labor in Geesthacht wird schnell klar: Analytik ist Hightech pur. Diverse Geräte stehen auf den Arbeitstischen – so manche Uni würde vor Neid erblassen. Dabei konzentrieren sich die Fachleute auf die Lebensmittelmikrobiologie. Nährwertanalysen (Fett, Zucker, Eiweiß, etc.) finden zentral in einem LADR-Labor in Recklinghausen statt. Schadstoffanalysen bietet das Unternehmen grundsätzlich nicht an. Unter dem Strich gilt: Der Handel will Zertifikate sehen und sich in alle Richtungen absichern. Deshalb sind die Hersteller aufgefordert, entsprechende Nachweise zu erbringen. Das klingt alles per se gefährlich, aber Dr. Schütze stellt die Relationen wieder her: „Das Risiko in Deutschland, durch Lebensmittel zu erkranken, besteht in erster Linie durch falsche Ernährung. Erst dann folgen bakterielle Ursachen und ganz zum Schluss Belastungen beispielsweise durch Pestizide. Die Grenzwerte sind so niedrig.“
Etwa zwei Dutzend Fälle pro Jahr bekommt der 57-Jährige auf den Tisch, weil sich Verbraucher beschweren und Krankheitssymptome auf den Genuss verdorbener oder belasteter Lebensmittel zurückführen. „Das sind seltene Ausnahme, aber manchmal auch lustige Geschichten“ sagt er. Oder auch tragische Geschichten – wie die einer Frau, über die in der Fachpresse berichtet wurde. Sie hatte Heringe falsch eingelegt. Ostseeheringe können Träger von Clostridium botulinum sein, einem Bakterium, das das tödlichste Biogift überhaupt erzeugt. Tatsächlich kam nach dem Herings-Mahl ein Mensch zu Tode. Dr. Schütze mit einem Anflug von Ironie: „Das Gift wird übrigens in kleinsten Dosen als Botox – Botulinum-Toxin – unter die Haut gespritzt, um Falten verschwinden zu lassen. Es lähmt die Nerven, die Haut entspannt sich. Zuviel Botox führt allerdings zu Atemlähmung.“ Und das nicht beim Ehemann, weil die faltenlose Gattin plötzlich so atemberaubend jung aussieht . . .

Modernste Methoden

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Bei all den Analysen, die das LADR-Team unter Leitung von Dr. Schütze in Geesthacht durchführt, haben sich folgende Trefferquoten ergeben: fünf bis zehn Prozent bei den Salmonellen, ein Prozent beim Norovirus, drei Prozent Listerien und etwa 20 Prozent Campylobacter. Zur Keimidentifizierung werden modernste Methoden angewendet – beispielsweise die sogenannte 16S-rRNA-Gensequenzierung. Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR), eines der heute gängigsten Verfahren in der modernen Molekularbiologie, dient dem schnellen Nachweis von pathogenen Erregern wie EHEC, Salmonellen und Listerien. Mikroorganismen wie Schimmelpilze und Hefen werden bei LADR ebenso nachgewiesen wie bakterielle Gifte.wb

Web: www.LADR-Lebensmittel.de

Lebensmittelanalytik: Ausflug in die Welt von Campylobacter, EHEC & Co. Gespräch mit Laborleiter Dr. Burkhard Schütze, LADR Dr. Kramer & Kollegen

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