. . . kann eine Ausbildung im Handwerk sein Jugend in Arbeit sucht Bewerber, Spender und Unternehmen, die ausbilden lassen wollen
Potsdam ist eine Insel – umgeben von den Armen der Havel. Daher der Wasserbezug.“ Für Uli Feiertag ist es nur logisch, dass er auf dem Weg ins Berufsleben nach einigen Semestern Religionswissenschaften am Ende in den Bootsbau „gesegelt“ ist und in Harburg festgemacht hat. Der 28-Jährige: „Irgendwann habe ich festgestellt: Mit Religionswissenschaften wird man zwar unheimlich schlau, aber auch unheimlich arm.“ Jetzt hat der Potsdamer seine Ausbildung bei „Jugend in Arbeit“ (JiA) im Harburger Binnenhafen erfolgreich abgeschlossen. Finanziert wurde sie von der Stiftung Hamburg Maritim durch eine monatliche Spende in Höhe von 600 Euro. Das Spendenmodell oder auch das noch ausgefeiltere „Schulte-Modell“, über das B&P in der Dezember-Ausgabe berichtet hat, gehören zu einem alternativen Ausbildungskonzept, für das JiA-Geschäftsführer Olav Vavroš wirbt. Und für das er entweder neue Spender oder ausbildungswillige Unternehmer sucht, die zwar mittel- bis langfristig den Nachwuchs haben möchten, aber keine eigenen Ausbildungskapazitäten haben.
Potsdam liegt tatsächlich auf einer Flussinsel, allerdings gilt das nur für die Altstadt. Immerhin kommt die Havel hier in ihrem Verlauf eher als eine Aneinanderreihung kleinerer Seen daher – Gelegenheit genug für Wassersport. Hierher treibt es den jungen Bootsbaugesellen nun zurück. Er hat bereits Kontakt zu drei Betrieben aufgenommen, die beispielsweise Boote warten und reparieren. „Ich hätte allerdings auch in den Luxusyachtbau nach Katar gehen oder bei Lufthansa Technik in Hamburg anfangen können. Unglaublich, welche Angebote man bekommen kann.“ Die Entscheidung für Potsdam fiel am Ende aus familiären Gründen.
„Wir bilden Allrounder aus“
Für Olav Vavroš bestätigt sich sein eigenes Konzept: „Wir machen hier Bootsbau in allen Facetten. Wer bei uns Geselle wird, hat mit Holz gearbeitet, mit Metall und mit Kunststoffen bis hin zu CFK. Diese Breite findet sich selten, da die meisten Bootsbaubetriebe spezialisiert sind. Unsere Leute sind vielseitig einsetzbar – in der Windenergie-Branche, auf Werften, im Automobil- und Flugzeugbau, auch im Messebau sowie im Wohnwagen- und Küchenbau. Wir bilden Allrounder aus.“
Alexander Kunz, Leiter Ausbildung und Umschulung bei JiA: „Aufgrund seiner Superleistung konnte Uli die Ausbildung verkürzen. Eigentlich dauert sie dreieinhalb Jahre – der Beruf ist sehr komplex.“ Der junge Potsdamer war allerdings auch ein Ausnahmebewerber – mit Abitur, Uni-
Erfahrung und einem klaren Berufsziel.
Im Sommer 2017 sollen fünf neue Stellen besetzt werden – auf Spendenbasis oder nach dem „Schulte-Modell“. Kunz und Vavroš hoffen, dass sich Betriebe oder Spender finden – erst danach wollen sie potenzielle Bewerber auswählen.
Im Falle von Uli Feiertag lag der einfachere Weg vor: Die Stiftung Hamburg Maritim übernahm als Spenderin die Kosten – fertig. Der 28-Jährige hatte in Potsdam bereits etliche Monate als Praktikant in einem Werftbetrieb gearbeitet, doch der Chef konnte sich nicht durchringen, die Ausbildung regulär zu starten. Trotzdem schickte er seinen Praktikanten zu Kursen auf die Bootsbauschule nach Travemünde. Dort erfuhr Feiertag von JiA und bewarb sich erfolgreich. Sein langfristiges Berufsziel: „Zurück nach Travemünde. Ich möchte Berufsschullehrer werden.“ wb
Web: www.jia-hamburg.de
Das „Schulte- Modell“
JiA ist auf dem Gelände der Schlossinsel zu Hause. Das gemeinnützige Unternehmen kümmert sich vor allem auch um Jugendliche, die einen schlechten Start erwischt haben und beispielsweise den Schulabschluss nachholen wollen. Gemeinsam mit dem Harburger Steuer- und Unternehmensberater Herbert Schulte, Partner in der Kanzlei Dierkes Partner, hat Vavroš die Idee erarbeitet, JiA zum Ausbildungsdienstleiter zu entwickeln – das sogenannte „Schulte-Modell“. Hier wird die Ausbildung bei JiA vom Auftraggeber beauftragt, sodass die 600 Euro direkt den Betriebskosten zugerechnet werden. Der Azubi wird von JiA fit gemacht und durch die Prüfung gebracht. Ab dem zweiten oder dritten Lehrjahr kann er, dann ausgestattet mit dem nötigen Grundwissen, bereits praktisch im Spender-Unternehmen arbeiten. Die gesamte administrative und schulische Betreuung verantwortet weiterhin „Jugend in Arbeit“. Ausbildungsberufe sind Bootsbauer, Zimmerer, Tischler und Metallbauer.wb