Brexit: Unabsehbare Folgen für Hamburg

Manuel Sarrazin

Manuel Sarrazin, Bundestagsabgeordneter
Sprecher für Europapolitik
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Die Entscheidung für den Brexit ist nicht nur ein herber ideeller Rückschlag für die Europäische Union im Gesamten, sondern wird ökonomisch auch Hamburg ganz konkret betreffen. Die britischste Stadt Deutschlands pflegt traditionell gute wirtschaftliche Verbindungen zu Großbritannien. Mehr als 1000 Hamburger Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich, das Handelsvolumen zwischen ihnen und den britischen Inseln betrug 2015 mehr als 9,3 Milliarden Euro. Damit steht Großbritannien auf der Rangliste der wichtigsten Partnerländer Hamburgs auf Platz zwei.

Einige Beobachter sehen im Brexit eine Chance für den Wirtschaftsstandort Hamburg, wenn die City of London an Attraktivität verliert. Insgesamt überwiegt bei den Unternehmerinnen und Unternehmern aus der Hansestadt laut einer Umfrage der IHK Hamburg jedoch die Ungewissheit über die politischen Entwicklungen im Vereinigten Königreich, weshalb nur wenige positiv auf die kommenden zwölf Monate blicken. Jüngste Daten aus Großbritannien zeigen aber auch, dass der von vielen befürchtete ökonomische Schock bislang ausgeblieben ist. Der Konsum ist auf den Inseln weiterhin hoch, und der günstige Kurs des Pfunds lockte in den Wochen nach dem Referendum viele Touristen auf die Insel. Vereinzelt sprechen englische Medien sogar euphemistisch von einem Post-Brexit-Boom.

Zu früh für Prognosen

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Noch ist es allerdings zu früh für eine Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung. Die zu lösenden Probleme sind zu komplex, um abschätzen zu können, wohin das Land in den kommenden Jahren steuern wird. So werden zum Beispiel die zwischen der EU und zahlreichen Drittstaaten bestehenden Handelsabkommen nach dem Brexit ihre Gültigkeit für Großbritannien verlieren und müssen ersetzt werden. Als noch komplizierter dürften sich die Verhandlungen zwischen der EU und der britischen Regierung herausstellen. Erst wenn diese abgeschlossen sind, wird es für die Hamburger Wirtschaft Klarheit über die zukünftige Zusammenarbeit mit Großbritannien geben.