Nicht nur Kohlwurst, auch gleich mehrere „heiße Eisen“ kamen beim traditionellen Grünkohlessen auf den Tisch, zu dem die Harburger Handwerkerschaft ins HTB-Sportzentrum in Harburg eingeladen hatte. Erstmals stand auf Initiative von Bezirkshandwerksmeister Peter Henning eine Podiumsdiskussion mit Harburger Politikern auf dem Programm. Fast 100 Teilnehmer hörten, was die Politik zum Themen wie Gewerbeflächen, Bürokratie und Flüchtlingsunterbringung zu sagen hatte – letz-teres ein akutes und heikles Thema.
Das Vertrauen in die Verwaltung ist in den Kreisen der Handwerkerschaft offenbar nicht sonderlich ausgeprägt, denn obwohl das Bezirksamt versprach, dass der größte Harburger Platz, der Schwarzenberg, pünktlich vor Beginn der Veranstaltungssaison wieder geräumt wird (zurzeit stehen dort Flüchtlingsunterkünfte), wurde auf der Obermeisterversammlung beschlossen, in diesem Jahr nicht an den Harburger Bautagen teilzunehmen. Argument: Die Zusage sei zu unsicher. Die Behörde bestätigte ihre Zusage ausgerechnet am Tag vor dem Grünkohlessen, was jedoch an der Entscheidung kaum noch etwas ändern dürfte. Die Harburger Bautage sollen im Übrigen auch ohne den großen Gemeinschaftsstand des Harburger Handwerks stattfinden. Über Alternativstandorte wird nachgedacht.
Dass die Flüchtlinge untergebracht werden müssen, steht auch aus Sicht des Handwerks außer Frage. Die Information, dass es im Harburger Binnenhafen mittlerweile größte Unruhe unter den Investoren gibt, weil dort zentral und auf fünf Jahre ein mehr als 100 Meter langes und
14 Meter hohes Flüchtlingsschiff festmachen soll, war für viele Zu-hörer neu. Namhafte Wohnungsbau-Investoren sind mittlerweile auf dem Rückzug, legen Projekte auf Eis oder denken über die Reduzierungen ihrer Vorhaben nach – ein klassisches Handwerksthema, denn hier besteht die Gefahr, dass Bauleistungen nicht mehr stattfinden.
Der kommunalen Politik – vertreten durch Jürgen Heimath (SPD), Birgit Stöver (CDU), Carsten Schuster (FDP), Regina Marek (Grüne), Jörn Lohmann (Die Linke) und Ulf Bischoff (AfD) – sind die Hände beim Thema Flüchtlinge gebunden. Einflussnahme wäre aber bei der Ausweisung von Gewerbeflächen, der Einrichtung von kleinteiligen Gewerbehöfen und im Zuge der fiktiven Aktion „Freie Bahn für die mobile Werkstatt“ möglich. Hintergrund: Immer wieder klagt das Handwerk über die restriktive Verfolgung bei Einsätzen auf öffentlichen Flächen. Bußgeldbescheide seien an der Tagesordnung, die Vergabe von Son-dergenehmigungen eher umständlich und wenig zielführend. Einhellig versprachen die Politiker, sich für alles einzusetzen, was dem Handwerk die Arbeit erleichtere – was immer das am Ende konkret heißt.
Vor der Diskussion hatte Baudezernent Jörg H. Penner darüber referiert, was die Verwaltung unternimmt, um Flächen für Handwerker bereitzustellen – so würden beispielsweise so gut wie keine Reinen Wohngebiete mehr ausgewiesen. In Allgemeinen Wohngebieten und Mischgebieten sei es eher möglich, Handwerksbetriebe unterzubringen – wenn die Lärmimmission im Rahmen bleibe. Die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften auf Gewerbeflächen bezeichnete er als neue Flächenkonkurrenz. wb