Bernd Themann und Guido Mönke stellen Hamburgs erste Druckentwesungsanlage vor
Getreide, Reis, Gewürze – wenn im Hamburger Hafen Lebensmittel in großem Stil angeliefert werden, sind nicht selten blinde Passagiere an Bord: Käfer, Motten, Milben sowie deren Larven und Eier. Traditionell werden große Schiffsladungen deshalb begast, um die Schädlinge unschädlich zu machen. In Zeiten von Bio & Co. ist der Chemieeinsatz jedoch umstritten oder sogar untersagt, außerdem werden die gesetzlichen Auflagen immer härter. Vor diesem Hintergrund baut die Lagerhaus Harburg Spedition GmbH, ein Unternehmen der Mönke-Gruppe, im Harburger Binnenhafen derzeit Hamburgs erste Entwesungsanlage für die Behandlung von Bio-Lebensmitteln und besonders hochwertigen Lebensmitteln. Statt mit Chemie wird bei dieser Technologie mit Kohlendioxyd und hohem Druck gearbeitet.
Geschäftsführer Bernd Themann: „Im vorigen Jahr hatten wir erste Kundenanfragen zu diesem Thema. Bislang mussten die Paletten mit der Ware nach Bremen geschafft werden, um sie dort im Autoklaven zu behandeln. Dieser Transport entfällt künftig, denn nun sind wir selbst in der Lage, die Ware zu behandeln und auch gleich zu lagern, was in Bremen nicht möglich bist.“ Etwa eine halbe Million Euro hat das Unternehmen investiert und sich damit ein hamburgweites Alleinstellungsmerkmal geschaffen – höchst erstaunlich, weil die Hansestadt bereits seit Jahrhunderten Umschlagsplatz für Lebensmittel ist.
Themann, der die Geschäfte der Firma gemeinsam mit Guido Mönke führt, spricht aus, was in der Branche jeder weiß: „Lebensmittel leben – im wahrsten Sinne des Wortes. Man muss nur lange genug warten . . .“ Dann schlüpfen aus teils mikroskopischen Eiern die Larven von Motten und Käfern. Der Fachmann: „Bei der Verschiffung im Herkunftsland ist alles sauber, aber dann: Die Schädlinge entwickeln sich in der Handelskette.“ Betroffen sind nicht nur klassische Grundnahrungsmittel wie Reis und Getreide, sondern auch Saaten, Tee, Teezusatzstoffe, Gewürze und Kräuter. Auch Paletten mit Kleidung oder Möbeln können behandelt werden.
Der Einsatz von Phosphin oder anderen Chemikalien – Methylbromit ist mittlerweile verboten – wird damit zumindest für hochwertige Chargen überflüssig und ist im Bio-Bereich ohnehin untersagt. Themann: „Die EU wollte noch mehr verbieten, hatte aber keine Alternative.“ Ab Januar gibt es eine in Harburg. wb
Web: www.lagerhaus-harburg.de
Info: So funktioniert es
Im Zentrum der Druckentwesungsanlage stehen zwei Autoklaven – lange Röhren, in die jeweils zwölf beladene Paletten hineingeschoben werden können. Ist die erste Röhre befüllt, wird sie verschlossen. Die Luft wird durch Kohlendioxyd ausgespült, sodass auf Sauerstoff angewiesene Lebewesen sterben. Dann wird binnen einer Stunde ein Druck von 20 bar aufgebaut und je nach Dichte der Ware sechs bis zwölf Stunden aufrechterhalten. Anschließend können das CO2 und zumindest ein Teil des Drucks auf die zweite, mittlerweile befüllte Röhre übertragen werden – so lässt sich Energie sparen. Der schnelle Druckabfall lässt tierische Eiweiß-Moleküle platzen, sodass auch Eier von Schädlingen zerstört werden. Pro Tag können maximal 50 Paletten „entwest“ werden. wb