Lärmschutzvorgaben beflügeln die Architekten – Frank Lorenz plant 50 Wohnungen im Harburger Binnenhafen – Vorhaben unter Vorbehalt
Noch ist der Bebauungsplan nicht un-ter Dach und Fach, aber wenn sich der Bezirk Harburg dazu entschließt, die Entwicklung im Binnenhafen nach den bisher geltenden Vorgaben voranzutreiben, steht mit dem zweiten Abschnitt des „Brückenquartiers“ ein weiteres Maßstäbe setzendes Bauprojekt in den Startlöchern. Erstmals soll hier ein Haus mit etwa 50 Wohnungen gebaut werden, in das zwölf dreistöckige Maisonette-Wohnungen integriert sind. Projektentwickler Frank Lorenz präsentiert mit dem Projekt zugleich einen Entwurf, der eine intelligente Lösung für Standorte mit vergleichsweise hohen Lärmbelastungen im Umfeld aufzeigt. Lorenz: „Wir haben an diesem Entwurf sehr lange getüftelt. Insgesamt wurde er neun Mal überarbeitet – dann hatten wir endlich die heute vorliegende Lösung gefunden.“ Im Harburger Stadtplanungsausschuss wurde das Vorhaben bereits vorgestellt. Lorenz: „Es ist einhellig auf Zustimmung gestoßen.“ Er will Mitte 2015 mit dem Bau beginnen, schließt aber nicht aus, dass das Brückenquartier in Gänze auf Eis gelegt wird – dann nämlich, wenn es nicht gelingt, eine sozial- und quartiersverträgliche Lösung für die Unterbringung der Flüchtlinge zu finden (siehe Seite 1). Sollte die Stadt ihren Plan umsetzen und mitten in den Harburger Binnenhafen (Kanalplatz oder Lotsekai) für zunächst fünf Jahre ein 110 Meter langes und 14 Meter hohes Flüchtlingsschiff mit mehreren Hundert Plätzen setzen, sieht nicht nur Lorenz ein vorläufiges Ende des Investitions-Booms gekommen.
Noch hofft jedoch auch er auf einen Kompromiss – und treibt seine Projekte weiter voran. Das Brückenquartier soll in zwei Abschnitten entlang des Östlichen Bahnhofskanals gebaut werden. Im vorderen Teil am Veritaskai ist unter anderem ein großer Lebensmittelmarkt vorgesehen. Im hinteren Abschnitt sollen Wohnungen gebaut werden. Lorenz: „Wir haben dazu mit einem Lärmgutachter zusammengearbeitet, denn zum 1. Januar 2015 entfällt der sogenannte Schienen-Bonus.“ Das heißt: Bislang konnte die gemessene Lärmbelastung rechnerisch um fünf Prozent gesenkt werden, wenn die Belastung ihre Ursache durch nahegelegene Gleisanlage hatte.
Da Lorenz erst im Frühjahr bauen will, musste der Entwurf so gestaltet werden, dass Lärmbelastungen im vollen Maße berücksichtigt werden. Die Lösung: Im Zentrum des Gebäudes ist ein 36 mal 23 Meter großer Innenhof vorgesehen. Alle Schlafzimmer der 50 Wohneinheiten (60 bis 120 Quadratmeter) sind innen angeordnet. Um zu verhindern, dass Lärm von außen in den Innenhof „schwappt“, wurden an der Süd- und an der Ostseite zwölf dreistöckige Maisonette-Wohnungen platziert, die bis ins fünfte Geschoss hinaufragen – also quasi „Stadthäuser“ im dritten Obergeschoss. Sie bilden einen Lärmschutzriegel für das ansonsten vierstöckige Gebäude. Lorenz: „Wir bauen hier nach neuestem Baurecht. Das werden richtig schicke Wohnungen mit Dachterrasse.“ Wenn sie denn gebaut werden. Die Wohnungen in der ersten Etage bekommen jeweils eine Terrasse im ruhigen, 800 Quadratmeter großen Innenhof. Im Erdgeschoss sind Stellplätze für Autos vorgesehen.
Insgesamt will die Lorenz Gruppe 30 Millionen Euro für die beiden Bauabschnitte ausgeben. Die Bauzeit wird etwa zwei Jahre betragen – deshalb hat Lorenz auch kein Problem damit, wenn das Flüchtlingsschiff beispielsweise für eine befristete Übergangszeit im Harburger Hafen festmachen würde. Dass die Probleme der Menschen gelöst werden müssen und dass Deutschland, also auch Hamburg, helfen muss, steht für ihn außer Frage, nur: „Wenn ich neu baue, muss ich 50 Käufer für die Wohnungen finden. Das ist ein sehr hohes Risiko von existenzbedrohendem Ausmaß. Bei der jetzt drohenden Situation werde ich allerdings nicht mal eine Bank finden, die den Bau finanziert.“ Und: „Wenn die Zukunftsentwicklung im Binnenhafen nicht ad hoc auf Null gestellt werden soll, muss eine andere Lösung gefunden werden.“ wb